Folge 8 - mental Overload, was können wir tun?

Mental Overload – 5 Tools für deinen Notfallkoffer

Im Transkript mitlesen:
Kennst du das, wenn dein Gehirn sich anfühlt wie so ein Browser mit 57 offenen Tabs? Einer davon macht nervige Musik und du findest nicht heraus, welcher das ist. Herzlich willkommen im Mental Overload Kopf. Und ganz ehrlich, mein Kopf, der fühlt sich viel zu oft so an. Und deswegen darf ich mich immer mal wieder an meinen Notfallkoffer erinnern. Und weil der ziemlich genial ist, darfst du auch einen Blick mit hineinwerfen. Also, let’s go!

Du hast deine Kids relativ spät bekommen? Du hast keinen Bock auf Perfektionswahn? Du willst trotz Schlafmangel und dem alltäglichen Mental Overload trotzdem deine Themen angucken? Konflikte mit deinen Liebsten am allerliebsten immer friedvoll lösen? Und bei all dem auch noch den Wechseljahren den Mittelfinger zeigen? Yes, ich feier dich. Du bist hier sowas von richtig.


Mental Load – Was ist das eigentlich?

Mental Load. Was ist es eigentlich? Also Mental Load ist ein klar definierter Begriff. Der kommt aus der Gender-, aus der Familienforschung und er beschreibt diese unsichtbare kognitive Planungsarbeit, die wir tagtäglich in unserem Alltag zu bewältigen haben. Da geht es darum, wer denkt an alles, wer organisiert alles, wer kümmert sich um die ganzen Dinge, um die wir uns halt kümmern müssen. Der Fokus darauf liegt auf dieser Verantwortung, die wir haben, an das Mitdenken müssen, an die To-Do-Listen, die wir alle in unseren Köpfen haben.

Ich rede immer gerne vom Mental Overload. Das ist jetzt kein feststehender wissenschaftlicher Begriff in dem Sinne, aber der wird schon auch im Alltag und in der psychologischen Literatur benutzt, wenn eben zu viel Mental Load da ist. Also dass wir Mental Load haben, das ist so, aber wir haben eben, gerade wir alleinerziehenden Mütter, oft zu viel davon. Das überlastet unser System und dann spricht man vom kognitiven Overload oder vom Information Overload oder vom eben Mental Overload.

Das bedeutet einfach, es sind zu viele Anforderungen, die gleichzeitig gestellt werden. Wir haben nur eine begrenzte Arbeitsgedächtniskapazität, ja, also auch unser Computer hat nur einen begrenzten Arbeitsspeicher, das ist mit uns, mit unserem Körper ja nicht anders. Und wenn diese Kapazität nicht mehr ausgenutzt werden kann, weil nicht mehr genug da ist, dann folgen daraus eben Fehler, die gemacht werden, Dinge, an die wir nicht mehr denken, wir erleben mehr Stress, mehr Erschöpfung.

Und es gibt so ein paar Zeichen, an denen man erkennen kann, ob es der normale Mental Load ist, der einen so im Leben begleitet, oder ob es schon ein Overload ist. Und vielleicht kennst du ähnliche Situationen auch aus deinem Leben und hast Lust, die mal zu teilen. Also ich würde mich freuen, festzustellen, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht.


Wenn der Mental Load kippt

Also eine Situation zum Beispiel war, wo ich gemerkt habe, es ist alles ein kleines bisschen viel, dass ich meiner Tochter zum Geburtstag Konzertkarten geschenkt habe für die ganze Familie. Also wir wollten zu viert auf ein Konzert gehen. Und sie hat im Oktober Geburtstag, das Konzert wäre im März gewesen. Und ich glaube, im April habe ich irgendwann dann gedacht, wann ist eigentlich dieses Konzert? Und habe nachgeguckt und wir hatten es halt dann um eine Woche verpasst, weil ich es mir nicht in meinen Kalender geschrieben hatte und es war somit einfach nicht mehr präsent für mich.

Oder eine andere Situation, also wir haben dieses Konzert halt einfach wirklich verpasst. Ich konnte die Konzertkarten dann in den Müll werfen. Es war ziemlich bitter.

Eine andere Situation war, dass mein mittlerer Sohn auf einer Ferienfreizeit gewesen ist, jetzt gerade in den Sommerferien. Und da gab es zwei Situationen. Die eine Situation war, dass ich zu einem Elternabend gegangen bin. Und auf dem Elternabend wurde ich explizit als eine von zwei Familien dort angesprochen. Ich glaube, die waren 40 Kinder da unterwegs. Also es ging mir und einer anderen Familie so, dass gefragt wurde, wo denn die Kopie des Ausweises von meinem Sohn wäre. Und ich wusste von nichts und war nur so, hä, wieso, welche Kopie, warum, woher hätte ich das wissen sollen?

Und es stand in zwei Briefen drin und ich habe diese Briefe einfach nicht bis zum Ende gelesen. Ich habe es einfach nicht gelesen. Und dann ging es auch noch darum, dass er abgeholt werden sollte. Und für mich war klar, es ist die Nacht von Samstag auf Sonntag und ich habe durch Zufall mitgekriegt, dass es die Nacht von Freitag auf Samstag war. Das heißt, wenn ich das nicht zufällig mitbekommen hätte, wäre mein Sohn aus dieser Freizeit nach Hause gekommen und ich hätte nicht dort gestanden und ihn abgeholt, weil ich mir einfach ein falsches Datum gemerkt habe.

Und vielleicht sagt die ein oder andere von euch jetzt, passiert mir irgendwie andauernd, mir aber halt nicht. Also ich kenne solche Situationen von mir eigentlich überhaupt nicht. Das entspricht überhaupt nicht mir. Das bin ich nicht, so bin ich nicht, so bin ich nie gewesen. Das sind wirklich Situationen, wo ich so denke, das kann überhaupt nicht sein, dass mir das passiert, sowas passiert mir nie. Und da habe ich gemerkt, es ist alles gerade ein bisschen viel in meinem Leben.

So, und wenn solche Situationen dann sind, dann merke ich wieder, okay, alles klar, ich darf versuchen, aus dem Overload wieder nur einen normalen Load zu machen. Also, dass mein Mental Load ein ganz normal bewältigbarer Load ist und nicht mehr ein Overload.

Und dafür gibt es bestimmte Dinge, die mir in meinem Alltag helfen und vielleicht helfen sie ja auch dir.


Tool 1 – Mikro-Breaks: Die Zwei-Minuten-Revolution

Ja, fangen wir mal an. Also es sind fünf Tools, die ich dir mitgebracht habe. Und das erste Tool ist ein Mikro-Break, eine Zwei-Minuten-Revolution für deinen Alltag sozusagen.

Also stell dir mal vor, du stehst in der Küche, bist dabei das Abendbrot vorzubereiten, die Nudeln kochen, dein Handy vibriert, neue WhatsApp-Nachricht und dein Kind ruft Mama, Mama. Und im Kopf hast du schon die Einkaufsliste für den anstehenden Kindergeburtstag und die Frage, wie du eigentlich diese Prinzessin-Dino-Superheldenparty ausrichten willst und was du für die Torte noch brauchst. Alles gleichzeitig.

Und was dann passiert ist, dass wir uns nach kürzester Zeit total ausgebrannt und platt fühlen, obwohl eigentlich noch vielleicht gar nichts Dramatisches los war. Aber es waren halt tausend kleine Dinge, die alle gleichzeitig im Kopf waren und sich aufgetürmt haben zu so einem Berg, der sich dann einfach irgendwann unüberwindbar anfühlt.

Und genau da helfen diese, da hilft diese Zwei-Minuten-Revolution oder diese Mikro-Breaks. Mikro bedeutet halt klein, wirklich mini klein, und Break bedeutet Pause.

Und wir haben ganz oft ja dieses Gefühl von, ich bräuchte eigentlich Zeit für mich, bräuchte Me-Time. Ich müsste mich mal wieder um mich selber kümmern. Und dann denke ich ganz oft, ja, aber wenn ich es jetzt nicht schaffe, anderthalb Stunden Yoga zu machen, dann kann ich es auch gleich ganz lassen. Und anderthalb Stunden habe ich halt nicht. Und das ist halt ein absoluter Irrglaube, weil diese winzigen Pausen von wirklich nur einer oder zwei Minuten, in denen wir ganz bewusst einmal nichts tun, die sind, und das ist auch wissenschaftlich belegt, super effektiv.

Sich einfach kurz ans Fenster stellen, atmen, Schultern rollen, den Wolken zuschauen, wie sie vorbeigehen, dem Regen zuschauen, wenn es gerade regnen sollte, den Blättern des Baumes im Wind lauschen oder sie beobachten oder du beobachtest vielleicht auch einfach nur die Tasse Kaffee in deiner Hand, die vielleicht tatsächlich gerade dampft, weil du es geschafft hast, sie heiß in die Hand zu nehmen und dich heiß damit für ein oder zwei Minuten auszuklinken. Zwei Minuten.

Es klingt so lächerlich wenig und deswegen fällt es zumindest mir auch oft schwer, diese Mikro-Breaks tatsächlich umzusetzen, weil ich immer denke, es lohnt sich doch nicht. Es kann es doch gar nicht bringen, aber das Nervensystem, unser Nervensystem versteht das sofort. Das versteht sofort Entspannung. Entspannung bedeutet Sicherheit, bedeutet wir können runterkommen.

Und es gibt Studien, die zeigen, dass diese Minipausen insgesamt dann wieder unsere Leistungsfähigkeit steigern und unser Stresslevel ganz spürbar senken. Das heißt ja für die Praxis, wenn wir uns diese kurzen Auszeiten erlauben, dann sind wir danach konzentrierter, produktiver, fokussierter, ruhiger. Und das ist ja etwas, was wir als Mamas einfach brauchen.

Produktivität, Fokus, bam, ob wir wollen oder nicht, wir profitieren davon. Und das mit diesen Mini-Pausen hinzubekommen, ist einfach was Großartiges.

Weil wir eben auch immer denken, wir müssten non-stop immer irgendwas machen, produktiv sein. Rennen, rennen, rennen, rennen, eine To-Do-Liste, hier noch ein To-Do abarbeiten, hier noch einen Termin wahrnehmen oder vereinbaren, die Wäsche machen, das Essen machen, die Brotdose, die Geschenke besorgen, Sport treiben, arbeiten, selbst verwirklichen, ein Buch lesen, Frau sein, Freundin sein, Tochter sein, blablabla, blablabla, blablabla, blablabla.

Und wenn dann diese ganzen Tabs in unserem Kopf offen sind und da auch noch ein Tab Musik spielt die ganze Zeit, dann helfen diese winzigen Pausen, das Fenster, das Atmen, die Schultern, um einfach ein paar überflüssige dieser Tabs mal wieder zu schließen.

Das ist kein Luxus, sondern eine Mini-Revolution für unser Nervensystem. Probier das super gerne mal aus.

Tool 2 – Monotasking statt Multitasking

Und wenn wir schon davon reden, dass diese ganzen vielen Sachen in unserem Kopf oft so gleichzeitig ablaufen, dann sind wir auch schon gerade beim zweiten Tool angekommen. Gerade wir Frauen, ja, wir brüsten uns so oft damit, dass wir ja Multitasking können. Und wie cool das ist, dass wir fünf Sachen auf einmal parallel machen können. Kein Problem, ich bin eine Frau, ich kann Multitasking. Yay!

Aber vielleicht kennst du trotzdem diese Tage, an denen du, hey, kein Problem, ich kann Multitasking, alles gleichzeitig machst und am Ende das Gefühl hast, du hast nichts wirklich geschafft. Du hast vielleicht gekocht, aber die Nudeln haben am Ende geschmeckt wie in einer Kantine in der Großküche, also total butterweich gekocht. Und du hast vielleicht auch eine WhatsApp beantwortet, aber da sind Rechtschreibfehler drin oder vielleicht hast du sie auch noch gar nicht abgeschickt und sie steht nur noch auf Entwurf.

Und vielleicht geht dein Kind am nächsten Tag mit einem Sportbeutel in die Schule, wo die Turnschuhe fehlen, weil du eben nur so halbherzig beim Packen geholfen hast und dein Kind nicht gut unterstützen konntest und dann einfach vergessen wurden, die Turnschuhe einzupacken.

Unser Gehirn – und egal, ob jetzt von einer Frau oder von einem Mann – ist nicht dafür gemacht, Dinge gleichzeitig zu machen. Jedes Mal, wenn wir in unserem Kopf dann nämlich gleichzeitig von dieser einen Aufgabe zur nächsten springen, dann verlieren wir Zeit und Energie. Das nennt sich Switching Costs. Also das sind die Kosten, die wir zahlen dafür, dass wir die ganze Zeit switchen von einer Aufgabe zur anderen.

Da zeigen Studien, dass Multitasking insgesamt sogar die Effizienz um bis zu 40 Prozent senkt. Es ist also nicht geil, Multitasking zu sein oder zu können. Und es ist dann auch kein Wunder, dass wir abends total erschöpft sind, dass wir das Gefühl haben, nicht wirklich was geschafft zu haben.

Und die Lösung dafür klingt so banal, wie sie tatsächlich auch eigentlich ist, nämlich: Wenn es nicht Multitasking ist, dann ist es eben Monotasking, was uns hilft. Einfach einen Zettel nehmen und statt dieser To-Do-Liste, wo 15 Sachen draufstehen, eine Sache aufschreiben – die Sache, die jetzt für den Moment Priorität hat.

Wenn es das Abendessen kochen ist, dann ist es in dem Moment das Abendessen kochen. Und wenn es das Beantworten einer WhatsApp im Elternchat ist, dann ist es das Beantworten einer WhatsApp im Elternchat. Und wenn es das Sportbeutelpacken ist oder das Kind dabei unterstützen, die Sachen für den nächsten Tag für die Schule zusammenzupacken, dann ist es das.

Eine Sache, die wird gemacht – und dann die nächste. Dieses Monotasking, das schenkt dir nicht nur das Gefühl, sondern es macht, dass du Kontrolle zurückgewinnst. Statt mehrere Dinge gleichzeitig und dann nur so halb zu machen, machst du eine Sache – und zwar richtig. Und das dann im Idealfall auch nicht im Dauerlauf, sondern in Ruhe.

Das liebt dann nämlich nicht nur deinen Kopf. Dein Kopf liebt Klarheit und Fokus. Dein Nervensystem liebt Ruhe. Das kann dann ein bisschen runterfahren und das fühlt sich dann doppelt gut an.


Tool 3 – Die Boxatmung als Reset-Knopf

Wenn du schon einen Podcast von mir gehört hast oder mir auch auf Instagram folgst, hast du es vielleicht schon mitbekommen. Darum wird es dir auch immer wieder gehen, weil es einfach mein absolutes Lieblingswerkzeug ist, weil wir es immer dabei haben – und es uns unglaublich gute Dienste erweist. Nicht zuletzt, weil wir dadurch einfach auch am Leben sind.

Es ist unsere Atmung. Unsere Atmung ist so, so wichtig. Und unsere Atmung, wenn wir mit System atmen, dann ist unsere Atmung quasi so ein SOS-Schalter, den wir immer dabei haben.

Und wir kennen das alle. Jede alleinerziehende oder alleinbegleitende Mutter kennt das auf jeden Fall. Wir haben manchmal das Gefühl, dass 100 Dinge auf einmal passieren. Das Kind ruft, die Spülmaschine piept oder die Waschmaschine, der Hund muss Gassi und wir gucken auf die Uhr, sind schon spät dran und müssten eigentlich schon los.

Und was dann passiert, ist, dass wir in Stress geraten. Unser Herz rast, unsere Gedanken überschlagen sich. Wir fühlen uns, als würden wir gleich explodieren – und manchmal tun wir das ja auch. Wir sind unfair unserem Kind gegenüber, wir werden ungeduldig, vielleicht schreien wir unser Kind sogar auch an.

Und genau in diesen Momenten braucht unser Körper einen Reset-Knopf – und der, den wir immer dabei haben, das ist unsere Atmung. Und gerade in solchen Momenten der absoluten Überforderung liebe ich die Boxatmung.

Die Boxatmung ist nämlich eine Atmung, an der man sich so gut festhalten kann, dass sie einen sofort ins Hier und Jetzt katapultiert – und durch die Atemtechnik wird unser Nervensystem sofort in die Entspannung gebracht.

Und die Boxatmung geht so: Wir atmen vier Sekunden ein, halten vier Sekunden die Luft an und atmen vier Sekunden aus. Also vier Sekunden ein – zwei, drei, vier – vier Sekunden halten – zwei, drei, vier – und vier Sekunden ausatmen – zwei, drei, vier.

Dieser eine Durchlauf oder zwei waren es gerade, bringt mich sofort runter. Und wenn ich es schaffe, dann drei oder fünf oder sogar zehn zu machen, dann ist es fast wie so ein Wellness-Wochenende. Nicht ganz, aber es ist hochwirksam.

Es ist wirklich hochwirksam – und schon nach den ersten Atemzügen merken wir, wie der Puls sinkt, wie die Schultern sich entspannen und wie der Kopf ein bisschen klarer wird. Und warum das funktioniert? Weil dieses langsame, rhythmische Atmen unser Nervensystem in den Entspannungsmodus schickt. Und das ist wissenschaftlich belegt.

Da brauchst du also nicht mal dran zu glauben – es funktioniert einfach. Solche Atemtechniken, wie zum Beispiel diese Boxatmung, erhöhen die Herzratenvariabilität. Das ist ein Marker für Stressresistenz. Und dadurch kann nachweislich der Stresspegel gesenkt werden.

Und was ja das Gute an Atmung ist, ist eben, dass wir sie immer dabei haben. Wir haben unsere Atmung immer mit überall und man kann diese Übung auch überall machen. Die muss nicht mal irgendjemand mitkriegen, man kann das heimlich machen – beim Warten in der Supermarktschlange, im Wartezimmer beim Arzt oder im Auto oder kurz vorm Einschlafen oder im Badezimmer oder eben auch mittendrin im Familienchaos.

Diese Atmung ist wie so ein geheimer SOS-Schalter – und wir nutzen ihn tatsächlich einfach wirklich viel zu selten.

Diese Atmung kann uns auch dabei helfen, unser nächstes Tool zu leben, weil wir für das nächste Tool ein bisschen Zeit brauchen – oder zumindest einen Moment der Bewusstwerdung.


Tool 4 – Der Nein-Puffer

Das ist der Nein-Puffer. Wir neigen dazu, immer und überall Ja zu sagen. Zu viel mehr Dingen Ja zu sagen.

Also ob es jetzt der Elternabend ist, wo es heißt, wer kann hier noch Kuchen backen, oder ob es der Chef ist, der sagt, wer kann hier noch dieses Projekt übernehmen, oder was auch immer. Wir neigen dazu, Ja zu sagen, auch wenn unsere Kalender überfüllt sind, wenn wir eigentlich gar keine Zeit haben.

Und es ist so ein bisschen so ein Frauending – also besonders für uns Ladies in der Lebensmitte – weil wir tatsächlich mehr oder weniger, die meisten von uns, zu Ja-Sagerinnen erzogen wurden.

Wir sind in einem Umfeld groß geworden, das von patriarchalen Strukturen geprägt war. Das zeigt sich in Erziehungsmustern, in vielen Familien. Gerade als Mädchen – wir mussten brav sein, wir sollten gefallen, wir sollten nett sein. Es war ein klarer Auftrag an uns Mädels.

Und Studien zeigen auch aus der Geschlechtersozialisation, dass Mädchen stärker auf Anpassung, auf Rücksichtnahme, auf Harmonie erzogen wurden als Jungs. Jungs, denen wurde mehr Autonomie zugestanden, Mädels nicht. Und auch in der Schule oder in der Gesellschaft: Mädchen wurden für Fleiß, für Disziplin, für Kooperation gelobt, nicht für Eigenwilligkeit oder für Durchsetzungsvermögen.

Und dafür gibt es auch einen Namen. In der Sozialpsychologie nennt man das Gender Role Socialization. Also Mädchen haben früh gelernt, dass Nein-Sagen einhergeht mit Liebesentzug, mit Schuldgefühlen, mit Sanktionen verbunden sein kann, weil das einfach zu Mädchen nicht passt, rebellisch zu sein, Nein zu sagen.

Und daraus ist eben entstanden, dass wir dazu neigen, Ja zu sagen, auch wenn wir es gar nicht wollen, dass wir People Pleaser geworden sind, auch wenn wir es gar nicht wollen. Und das ist ziemlich nah dran an diesem Good-Girl-Syndrom.

Das ist ein Begriff, der in der Psychotherapie verwendet wird, um Frauen zu beschreiben, die ihre eigenen Bedürfnisse systematisch hinten anstellen, um anderer Leute Erwartungen zu erfüllen. Und diese Frauen – das sind wir.

Das sind wir Frauen in der Lebensmitte, in der Rush Hour, mit Kindern, Care-Arbeit, Job, Partnerschaften, Trennung. Und wir merken, dass dieses Ja-Sagen aber eigentlich uns überhaupt nicht entspricht und auch nicht funktioniert, weil wir sowieso schon am Limit sind, überlastet und erschöpft.

Und trotzdem ist es ein Riesenweg daraus, dass wir Nein sagen, dass wir uns trauen, Nein zu sagen, ohne dass das mit Schuldgefühlen behaftet ist. Und deswegen ist es so wichtig, das zu üben – und dafür gibt es diesen Nein-Puffer.

Also statt sofort beim nächsten Mal, wenn jemand ankommt und sagt: „Hier, bitte, wir brauchen jemanden für Kuchen, wir brauchen jemanden, der beim Lauftag am Ziel steht oder am Start oder was auch immer“ – statt sofort zu sagen: „Ja, ich bin dabei, ich schreibe es mir gerade in meinen Kalender“ – einfach innerlich bis 5 zählen oder die Boxatmung machen, von der wir eben gesprochen haben, und ganz kurz einmal reinspüren: Will ich das wirklich? Habe ich die Kapazitäten? Passt es gerade in mein Leben? – und dann erst zu antworten.

Das ist so ein minimaler Aufschub, der uns Selbstkontrolle wiedergibt oder der unsere Selbstkontrolle stärkt und der uns davor schützt, impulsiv einfach immer sofort Ja zu sagen.

Und wenn wir uns diesen Puffer gönnen, dann fällt es uns nicht mehr so schwer, auch mal Nein zu sagen, weil das Nein zu anderen ist ja ganz oft ein Ja zu dir selbst. Und das ist keine Ego-Sache, sondern absolut gesunde Selbstfürsorge. Wir dürfen das.

Mädels, wir dürfen das. Ja, wir dürfen Nein sagen. Dir wird eine Frage gestellt, du atmest kurz, du zählst bis 5, du überlegst kurz, du kannst auch sagen: „Gib mir einen Moment, ich denke mal kurz drüber nach“, und gibst dann erst die Antwort.

Sich Zeit nehmen ist sowieso etwas ganz Wichtiges – sich mit sich selber auseinanderzusetzen.


Tool 5 – Freundliche Selbstgespräche statt innerem Kritiker

Und da sind wir dann jetzt auch schon beim letzten Punkt angekommen, wo es um die Stimme geht, die wir alle in unserem Kopf haben.

Die Stimme im Kopf, die sich immer meldet, wenn es stressig wird, wenn eine Situation irgendwie belastend ist, dann neigt unsere innere Stimme – es ist unser innerer Kritiker – der neigt dazu, uns auch noch runterzumachen. Also wir selber machen uns auch noch runter.

„Du bist zu langsam. Du bist zu dumm. Andere kriegen das besser hin. Du bist eine schlechte Mutter. Hast es wieder nicht geschafft.“

Und sich da mal zu überlegen, so wie ich selber mit mir in meinem Kopf rede, würde ich so eigentlich mit meiner besten Freundin reden? Ich würde das nicht tun. Aber mit mir selbst – das passiert andauernd.

Und deswegen ist es wichtig, dass wir anfangen, freundliche Selbstgespräche mit uns zu führen.

Also, dass wir eben nicht sagen: „Boah, du bist dumm, du bist eine schlechte Mutter“, sondern dass wir uns sagen: „Ja, du hast vielleicht heute nicht all das geschafft, was du dir vorgenommen hast, aber du hast das und das und das geschafft, und das reicht, und du bist super, und du bist die beste Mutter, die du sein kannst.“

Dass man sich auch eingestehen kann: „Ja, es ist gerade viel. Ja, ich habe es heute nicht geschafft, Pausen zu machen.“ – nicht „Oh Mann, du hast es nicht mal geschafft, diese eine Minute Pause zu machen, du bist echt eine Versagerin“, sondern zu sagen: „Okay, ich habe es heute nicht geschafft, eine Minute Pause zu machen, das war heute ein anstrengender Tag für mich, das erkenne ich an, und morgen ist ein neuer Tag und ich probiere es morgen nochmal.“

Das klingt auch super banal, aber das ist Selbstmitgefühl, was unser Stressniveau senkt, was depressive Symptome reduzieren kann und was insgesamt unsere Resilienz stärkt.

Wir hören unsere Stimmen im Kopf am allerhäufigsten. Also niemand redet so viel mit mir wie ich mit mir selber. Und da kann ich natürlich entscheiden: Möchte ich mich fertig machen die ganze Zeit oder möchte ich mich empowern?

Und da reicht es ja auch, klein anzufangen. Also wenn ich mich erwische beim Mit-mir-selber-Meckern, dann halte ich innerlich so ein Stoppschild hoch und sage mir: „Ey, stopp! So redest du nicht mit mir. Ich würde nicht wollen, dass meine beste Freundin so mit mir spricht, und du tust es bitte auch nicht.“

Was ganz cool ist, was ich manchmal mache, ist, dass ich mir selber eine Sprachnachricht schicke. Könnte man auch einführen – habe ich bisher noch nicht gemacht, probiere ich vielleicht mal aus – als so morgendliches Ritual.

Einfach eine Sprachnachricht an sich selber schicken: Was sind die Ziele für den Tag? Was möchte ich am Tag erreichen? Es kann auch nur was ganz Kleines sein: Wäsche waschen, ein Geburtstagsgeschenk für den Geburtstag besorgen, das Kind nicht anmotzen, wenn wir spät dran sind – Kleinigkeiten.

Oder es dürfen auch große Sachen sein: Also heute bitte ich meinen Chef um eine Gehaltserhöhung. Ich werde heute mein Gewerbe anmelden. Ich werde heute einen Post auf Instagram veröffentlichen, der viral geht. Ich werde heute 10 000 Euro Umsatz machen. Whatever, was es ist. Es geht darum, dich zu motivieren.

Dir selbst zu sagen, wie toll du bist. Dich zu feiern. Und diese Sprachnachricht kannst du dann – das ist an diesen Sprachnachrichten halt das Geile – abhören in jedem Moment, wo du merkst, boah, meine Energie geht gerade wieder in den Keller. Dann machst du die Sprachnachricht an und hörst dir selber zu, wie du dir erzählst, dass du eine Granate bist. Wie cool ist das denn?


Mini-Übung & Abschluss

Also, atme jetzt am besten einmal tief durch, atme ein und aus, und wir machen jetzt eine praktische Mini-Übung für den Tag heute.

Du schreibst dir eine Sache auf, die du heute noch erledigen möchtest. Eine. Alles andere darf Pause machen. Dadurch hast du schon mal deinen Mental Overload um einige Prozente erleichtert.

Und dann sprichst du dir selbst eine Sprachnachricht – wie mega du bist, was für eine Granate du bist, was für eine Powerfrau du bist. Und die hörst du dann jedes Mal, wenn du denkst, kackleben. Ja? Haben wir einen Deal? Ich finde, wir haben einen Deal.

Also, wir erinnern uns, dass Overload unsere Klarheit, unseren Fokus killt. Dass es wichtig ist, Mikropausen zu machen, um eben unseren Fokus zu behalten.

Dass wir dafür unsere Atmung als Notfall-Reset-Knopf immer dabei haben. Dass wir einen Nein-Puffer brauchen, um uns zu erlauben, Nein zu sagen. Und dass diese freundlichen Selbstgespräche, unsere Sprachnachrichten an uns selber, unbedingt reingehören in unseren Mental Overload Notfallkoffer.

Speichere dir am besten die Folge, teile sie total gerne mit einer anderen Mom, von der du das Gefühl hast, die könnte das für ihren Overload oder für ihr Overload-Leben auch gerade gut gebrauchen.

Und in der nächsten Folge erzähle ich dir, wie das Ganze als selbstständig arbeitende, allein begleitende Mom – also wenn du selber schon ein Business hast, selbstständig bist – wie das Ganze dann nochmal doppelt knallt.

Ich hatte gestern gerade ein Gespräch mit einer Freundin, die sagte, dass sie glaubt, dass das eigentlich nicht geht: alleinbegleitend sein, also alleine Kinder großziehen, und sich noch nebenbei ein Unternehmen aufbauen, ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen. Sie sagt, es ist nicht möglich.

Und dem gehe ich mal auf den Grund – nächsten Sonntag, 21:45 Uhr nach dem Tatort.

Bis dahin: Feier dich. Du bist eine Granate. Ich feier dich. Und ich freue mich, wenn du beim nächsten Mal wieder mit dabei bist.

Alles Liebe, deine Inga.



Folge #8 – 5 Tools gegen Mental Overload – dein Notfallkoffer für den Kopf

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