Was bedeutet nüchtern sein?
Im Transkript mitlesen:
Ein ehrliches Gespräch über den Sober Lifestyle
Speaker 1
Was bedeutet nüchtern sein? Uns ist das relativ klar, wenn wir von Alkohol sprechen. Nüchtern sein bedeutet, wenn ich keinen Alkohol trinke. Nüchtern sein ist aber viel mehr als nur das. Es gibt nämlich einen richtigen nüchternen Lifestyle. Und warum der ziemlich geil ist, das erzähle ich dir heute. Du spürst, dass irgendwas nicht mehr stimmig ist? Kein Bock mehr auf Wein zum Runterkommen? Endloses Scrollen oder Zucker als Nervennahrung? Willkommen bei Mensch, Mutti. Du bist hier sowas von richtig. Beim Podcast für stille Rebellinnen, für Mütter mit Mittelfinger und Frauen, die wieder wahrhaftig fühlen wollen. Be you, be free, be sober, baby.
Nüchtern bedeutet mehr als keinen Alkohol trinken
Nüchtern bedeutet für viele einfach nur nichts zu trinken, also kein Alkohol zu trinken. Und das bedeutet automatisch auch für viele Mangel. Ja, also kennen wir wahrscheinlich alle, wenn wir mal keinen Alkohol trinken, dann heißt es ganz oft, musst du noch fahren oder bist du schwanger oder nimmst du Antibiotika, bist du krank. Und nüchtern sein hat so einen Touch in unserer Gesellschaft und vor allem auch nüchtern bleiben von Verzicht. Ja, also du Arme, du kannst nicht trinken, weil du schwanger bist oder noch fahren musst oder Antibiotika nimmst. In Wirklichkeit ist nüchtern sein und vor allem ein nüchterner Lebensstil eine Aufwertung fürs komplette Leben. Es bedeutet mehr Klarheit, es bedeutet mehr Selbstachtung, es bedeutet mehr verbunden zu sein, mehr mit sich selbst verbunden zu sein. Und so wie ich das sober living, sober lifestyle verstehe, ist eben nüchtern sein ganz viel mehr als nur auf Alkohol zu verzichten.
Warum das Wort „sober“ mehr umfasst als „nüchtern“
Im Englischen gibt es das Wort sober und wir haben aber kein so gutes Wort auf Deutsch beziehungsweise die Übersetzung für sober nüchtern ist eben in unserer Gesellschaft, in unserer Sprache für ganz viele mit Alkohol assoziiert. Dabei lebt man auch sober, wenn man nicht raucht, wenn man keine anderen Drogen nimmt, wenn man versucht möglichst clean zu essen, wenn man also seinen Körper, sein Leben nicht mit ungesundem belasten möchte. Dazu gehört auch Medienkonsum oder womit man sich so inhaltlich auseinandersetzt, was man sich selbst seinen Gedanken, seiner Seele zumutet. Gibt leider kein gutes Wort im Deutschen, weshalb ich dieses Wort sober einfach auch weiterhin benutzen würde, weil das eben das am besten beschreibt.
Grauzonen-Konsum: Normalisiert, aber nicht harmlos
Und beim Alkohol, da ist uns allen klar, dass es da so einen Grauzonen-Konsum gibt, der total normalisiert ist. Das ist dieses Feierabendbier oder die ganzen Mama braucht Wein-Witze oder das habe ich mir jetzt verdient, ich habe mir einen Drink verdient, ich belohne mich mit einem Aperol oder mit einem Glas Prosecco oder was auch immer. Und auch dieses mal eben kurz Kopf ausschalten, mal eben kurz durch den Feed scrollen oder ich brauche jetzt was Süßes. Es gibt in all diesen Bereichen diesen Grauzonen-Konsum. Und bei dem, was wir gesellschaftlich gesehen als normal ansehen, das ist halt das, wo kein Hahn nachkriegt letztendlich, weil alle das machen, aber die Konsequenzen sind real. Also auch schon bei diesem normal gesellschaftlich anerkanntem Grauzonen-Konsum, den alle als so wahnsinnig normal empfinden.
Was diese Muster mit unserem Alltag machen
Weil was passiert, wenn wir all dies tun? Also nicht nur regelmäßig Alkohol trinken, um abzuschalten, sondern auch regelmäßig durch Social Media Doom-Scrollen oder regelmäßig abends vorm zu Bett gehen noch eine halbe Tafel Schokolade essen, ist zum Beispiel fragmentierter Schlaf. Das führt dann wiederum dazu, dass wir oft am Tag drauf, weil wir nicht ausgeschlafen sind, weil wir nicht den Schlaf bekommen haben, den wir eigentlich bräuchten, dass wir keine Geduld haben, dass wir schneller gereizt sind, dass wir weniger präsent sein können. Sei es jetzt mit unseren Kindern oder auch mit Freunden, Verwandten, Kollegen oder PartnerInnen. Und das führt dann wiederum dazu, man kommt in so eine Spirale, dass wir unseren Selbstrespekt verlieren. Weil das ja alles Sachen sind, die, wenn wir mal rational drauf gucken, alle nicht wollen. Also wir wären gerne alle sehr geduldig. Wir würden gerne ganz intensive, präsente, qualitativ hochwertige Zeit mit unseren Kindern verbringen. mit den Menschen, die wir lieben, vielleicht auch mit unseren Teamkollegen, Arbeitskollegen, keine Ahnung. Wir wissen in der Theorie alle, wie wichtig unser Schlaf ist, dass im Schlaf ganz wichtige Prozesse ablaufen, die wir brauchen, um langfristig gesund, resilient sein zu können und auch eine gute Performance im Leben zu bringen. Das heißt, wir wissen das alles, aber wir machen diese ganzen dysfunktionalen Dinge trotzdem, die dazu führen, dass uns das alles abhanden kommt und dadurch verlieren wir auf Dauer den Respekt vor uns selbst.
Die zwei Kurven: Schnelle Kicks vs. echte Regeneration
Und warum ist das so? Weil sich letztendlich zwei Kurven kreuzen. Nämlich einmal nimmt diese Verfügbarkeit der schnellen Kicks in unserer Gesellschaft zu. Also Alkohol ist überall verfügbar, Nikotin ist überall verfügbar, mittlerweile ist der Konsum von THC legal. Zucker wissen wir auch, kriegen wir überall an jeder Ecke, hat wahrscheinlich jeder auch ohne Ende im Haus. Doomscrolling ist mittlerweile auch akzeptiert, anerkannt, dass man das Handy hat, dass man das Handy nutzt, dass man Kurzvideos kennt und sieht. Aber auch Shopping oder zu viel Arbeiten gehört da ja auch zu. Alles, was uns eben diese schnellen Dopamin-Kicks verschafft. Und dem gegenüber steht dann die echte Regeneration. Also qualitativ hochwertiger, guter Schlaf. Dass wir unser Nervensystem regulieren können. dass wir am Tag Pausen schaffen, Inseln schaffen, in denen wir wirklich in die Entspannung kommen können. Diese echte Regenerationskurve, die sinkt. Während die Kurve der schnellen Verfügbarkeit der Kicks, der Dopamin-Kicks, steigt. Und die Studienlage ist klar, die zeigt, dass schon geringe Alkoholmengen zum Beispiel machen, dass die Schlafqualität extrem darunter leidet. Du schläfst vielleicht schneller ein, aber die Erholsamkeit ist nicht die, die sie sein könnte, wenn du kein Alkohol im Körper hättest, bevor du einschläfst.
Kein risikofreier Konsum
Es gibt kein risikofreies Level. Es gibt keinen risikofreien Konsum, wenn wir über Alkohol sprechen. Jeder Schluck Alkohol ist Gift und dass unser Schlaf dadurch negativ beeinträchtigt wird, ist ja nur ein Teil des Ganzen sozusagen. Also auch Alkohol ist beteiligt an der Risikoerhöhung einer ganzen Menge Krebsarten zum Beispiel, erhöhtes Brustkrebsrisiko bei uns Frauen ganz besonders. Und mittlerweile ist sich einfach die Wissenschaft einig, dass diese mehr vom abendlichen Glas Rotwein, was ja so wahnsinnig gesund ist, dass das widerlegt ist. Und das ist aber so verbreitet in uns, in unseren Köpfen, ein Narrativ, ein Glaubenssatz, der sich hartnäckig auch bestimmt noch viele, viele Jahre halten wird. Aber es ist faktisch falsch.
Keine Moralpredigt – Bewusstsein statt Schuld
Und das soll hier jetzt überhaupt gar keine Moralpredigt werden. Mir ist ganz persönlich grundsätzlich eher egal, wie viel du trinkst, wie viel du dich mit Social Media betäubst. Es ist eine Entscheidung von jedem Einzelnen, die jeder für sich treffen darf und auch ein Stück weit treffen muss. Also das ist natürlich deine Entscheidung, wie du damit umgehen möchtest. Was aber meine Aufgabe ist, Bewusstsein dafür zu schaffen, um überhaupt erstmal zu verstehen, warum wir das denn machen. Weil da natürlich etwas dahinter steckt, eine Biologie dahinter steckt. Und wenn wir die verstehen, diese biologischen Abläufe in unserem Körper, im Gehirn, dann können wir Nüchternheit viel besser einordnen. Und es nicht als Spaßbremse, die ist ja total Spaß befreit, soll ich jetzt hier nie wieder was trinken oder was. Da können wir einen Schritt zurückgehen und das eigentliche Geschenk dahinter erkennen.
Das Geschenk der Klarheit
Und darum geht es mir, denn es ist ein Tauschgeschäft und zwar ein ziemlich cooles, dass wir das Betäuben wegnehmen und tada, wenn wir das Betäuben wegnehmen, dann kommen wir, ich, du als Person zurück. Als das, was du wirklich bist, als das, was dich ausmacht. Und darum geht es. Es geht um mehr als nur Alkohol. Sober ist eine Haltung, eine Haltung von unbetäubt leben, von bewusst leben. Keine Zigaretten, keine Drogen, kein nur mal schnell irgendwas kompensieren über Essen, über Medien, über viel Arbeiten, über Sex, was auch immer. stattdessen bewusst Dinge tun, die dir gut tun. Also Sex kann da reingehören, es kann gut tun, aber es kann halt auch, je nachdem, wie doll die Sucht dahinter ist, dieses Verlangen dahinter ist und in welchen Situationen das auftaucht, genauso dysfunktional sein wie eben auch Essen. Essen kann ja auch sehr gut und näherend sein, aber Junkfood und Zucker halt eben nicht. Also es ist immer eine Frage des Was und in welchem Umfang.
Es geht nicht um Perfektion – es geht um Optimierung
Also es ist eben wichtig, dass wir, wenn wir in einen Sober-Lifestyle kommen wollen, auch das, da gibt es natürlich immer jemanden, der irgendwas noch besser macht oder noch anders macht. Es geht überhaupt nicht um Perfektion, sondern es geht um Optimierung. Es geht darum, dass wir für uns selber Dinge finden, die uns richtig gut tun. Wo wir merken, dass es wirklich einen positiven Effekt auf unser Leben hat. Und das kann schlafen sein. Also wirklich mal den Fokus auf seinen Schlaf legen. Wie viel schläfst du? In was schläfst du? Also was hast du für ein Bett? Wie alt ist deine Matratze? Wie viele Stunden schläfst du? Wie fühlst du dich, wenn du morgens aufgewacht bist? Weißt du eigentlich, was dein Chronotyp ist? Schläfst du von den Zeiten her entsprechend deines Chronotypen? Also da gehören tausend Dinge zu, auf die man mal den Fokus legen kann, weil wer gut schläft, wer den Schlaf schläft, der für ihn individuell von seiner Natur vorgesehen ist, der macht schon eine ganze Menge richtig.
Echte Pausen und bewusste Bewegung
Dann können wir schauen auf echte Pausen, also wirklich Pausen im Leben. Und eine Pause bedeutet nicht, dass ich es schnell schaffe, zwischen Tür und Angel nochmal unter die Dusche zu springen. Oder, ich weiß, dass es für Mütter ja auch oft heißt, es ist Me-Time, wenn du es schaffst, mal ohne Kinder einkaufen zu gehen. Aber einkaufen zu gehen ist keine echte Pause, auch wenn die Kinder dann nicht dabei sind. Also echte Pausen. Was kannst du dir Gutes tun, um wirklich so einen Cut in deinem Tagesablauf zu machen, um mal runter zu kommen? Und wenn es nur diese eine Tasse Tee ist, die du schaffst, heiß und in Ruhe zu trinken. Wann hast du dich das letzte Mal bewegt und welche Bewegung ist es, die dir Spaß macht? Weißt du das überhaupt? Vielleicht kannst du Bewegung kombinieren mit frischer Luft. Ist frische Luft das einzige Mal, dass du frische Luft bekommst, der Weg von der Haustür zum Auto oder von der Arbeit wieder ins Auto? Vielleicht hast du schon mal dich mit Fasten auseinandergesetzt oder auch mit Meditation, mit Stille, mit einer minimalistischen Lebensweise in deinem Zuhause zum Beispiel, aber auch Nähe. Nähe kann eben auch etwas sein, was dir hilft, ein Sober-Lifestyle zu leben, statt dich zu betäuben.
Reinschauen statt betäuben: Das Spüren üben
Und wir können da gemeinsam, um das ein bisschen greifbarer noch zu machen, auch nochmal kurz rein spüren. Also schließ, wenn du kannst, wenn du nicht gerade Auto fährst oder etwas anderes machst, wo du deine Augen brauchst, kannst du gerne einmal kurz deine Augen schließen und dich einmal kurz rein spüren in dieses Gefühl von, ah ja, ich will einmal ganz kurz am Handy was nachgucken. Ich will einmal ganz kurz scrollen in dem Feed deiner Lieblings-Social-Media-App, die du hast.
Und dann loggst du dich da ein und fängst an, durch den Feed zu scrollen und scrollst und scrollst und liest einen Beitrag nach dem nächsten, noch ein Video, noch ein Beitrag, noch ein Video, ah, da noch ein paar Kommentare, Kommentare, Kommentare, Kommentare. Vielleicht zu einem Film, der in der Luft zerrissen wird, den du nicht mal gesehen hast, aber du liest die Kommentare, dann wieder einen Beitrag und ein Video und zack ist es 40 Minuten später.
Du legst das Handy beiseite und spürst jetzt mal kurz rein, wie du dich dann fühlst. In der Regel ist es leer, eine Leere, die man fühlt, dass der Kopf leer ist, ein Nervensystem, das unruhig ist und eine Stimmung, die meistens schlechter ist als vorher.
Das, was da nämlich passiert, ist kein Genuss, sondern es ist Stress für dein Nervensystem. In der Regel fühlt man sich danach nicht besser als vorher, sondern im Gegenteil.
Und das ist ähnlich beim Alkohol. Ja, einschlafen geht vielleicht schneller mit einem Glas Rotwein intus, Erholung ist aber schlechter. Und am Morgen zahlt man dann die Quittung oder die Zinsen. Man hat weniger Energie, man hat eine schlechte Stimmung, man hat ein mieses Körpergefühl. Es geht einem schlechter als vorher.
Sober Living ist ein messbares Plus
Das Sober Living ist also kein Minus, sondern es ist ein messbares Plus im Alltag.
Und es gibt fünf konkrete Punkte, woran du messen kannst, dass du von einem Sober Living mehr hast als weniger.
Der erste Punkt ist Klarheit statt Nebel im Kopf. Also ohne Betäubung hören wir wieder die echten Signale unseres Körpers.
Also wir können dann feststellen, was das eigentliche Bedürfnis ist, was hinter dem Impuls stand, scrollen zu wollen, trinken zu wollen, kiffen zu wollen, eine Tafel Schokolade essen zu wollen.
Wir können wieder feststellen, ach, ich bin müde. Oh, das war gerade viel, ich brauche eine Pause. Oh, ich bin traurig. Oh, ich fühle mich gerade echt alleingelassen und alleine.
So findet man Stück für Stück wieder zu sich. Man lernt wieder zu fühlen und kann dann einfach bessere Entscheidungen für sich treffen. Gesunde Entscheidungen auch in Bezug und gerade in Bezug auf gesunde Grenzen setzen.
Und das ist einfach extrem wichtig.
Ehrlichkeit mit sich selbst
Der zweite Punkt, woran man es messen kann, ist, dass man zu einer Ehrlichkeit sich selbst gegenüber wieder gelangt.
Also wir hören auf, uns Ausreden zu erzählen, uns selbst zu manipulieren. Aus, ich habe mir das jetzt aber wirklich verdient, wird, ah, da ist ein Gefühl, das gefühlt werden möchte.
Aus einem, das habe ich mir jetzt aber verdient-Moment, wird dann stattdessen ein Moment des Aushalten-Könnens.
Also, dass wir lernen, dieses Gefühl sein zu lassen, da sein zu lassen, dass wir dieses Gefühl akzeptieren, also dass wir mit dem sind, was sich in dem Moment gerade zeigt.
Und das ist schon sehr, sehr stark, ja. Das holt unsere Blindspots, unsere Themen aus dem Versteck. Und so entsteht dann ein Handlungsspielraum.
Ein Moment der Bewusstheit
Also da entsteht dann, wenn ich dahin spüre, ein Moment, wo ich nochmal kurz überlegen kann, ja, schenke ich mir dann jetzt ein Glas ein, nehme ich dann jetzt das Handy und lasse mich auf die Couch fallen oder nehme ich mir einmal kurz Bewusstsein, dieses Gefühl zu fühlen.
Und da mag ich euch eine Geschichte erzählen, das war heute in meinem Leben tatsächlich.
Ich habe eine Nachricht bekommen, die mich beschäftigt hat auf mein Handy. Und manchmal liegen die Dinge nicht in unserer Hand.
Ich hätte dazu Klärungsbedarf gehabt, ging aber nicht. Und dann habe ich in mich reingespürt und es waren körperliche Empfindungen da in dem Moment. Meine Atmung wurde flach, ich hatte einen dolleren Herzschlag, ich fühlte mich insgesamt angespannt, ich hatte so einen Druck auf der Brust, also ich war wirklich angespannt, ja, ich war angeknipst.
Und früher, also noch vor, weiß ich nicht, ein, zwei Jahren, nicht vor einem Jahr, anderthalb Jahren, zwei Jahren, hätte ich in dem Moment schon an die Flasche Wein am Abend gedacht. Ich meine, heute ist Sonntag, ich hätte vielleicht schon mit dem Gedanken geliebäugelt, die Flasche schon am Nachmittag aufzumachen.
Oder wenn ich noch eine offene Flasche gehabt hätte und hätte ich wahrscheinlich, dann hätte ich mir schon am Nachmittag ein Glas eingeschenkt.
Und weil ich das Gefühl hätte mit, was war denn das heute, das war irgendwie ungerecht, das hat sich unfair angefühlt. Dagegen tue ich jetzt was, das hätte mich mit dem ersten Schluck schon direkt ein bisschen entspannt.
Alte Muster – neue Reaktionen
Und heute ist, was mir tatsächlich immer noch passiert und auch heute Morgen passiert ist, dass in diesen Momenten, wo ich das Gefühl habe, ich bin handlungsunfähig, ich würde gerne was klären, ich kann aber nichts klären, ich kann gar nichts machen, also ich bin ja auch so ein bisschen fremdgesteuert in dem Moment, nehme ich mir das Handy, mache mal kurz den Kopf aus und scrolle durch mein Social Media Feed.
Passiert mir immer noch.
Also das ist etwas, was mir auch heute immer noch passiert, wenn die Anspannung groß wird: Griff zum Handy, so leicht in dem Moment, da einfach kurz rein zu stolpern.
Ich musste mir auch aktiv sagen, atmen, halte mal kurz inne, schließ mal die Augen, atme und reflektiere mal kurz. Was ist mein Part in dem Ganzen?
Ich kann gerade nichts ändern, ich darf die Situation annehmen, so wie sie ist – und sofort hat sich mein Nervensystem entspannt. Genial!
Verbindung statt Funktionieren
Der dritte Kernpunkt, der im Alltag zeigt, dass das Sober Living wirklich alles andere als ein Minusgeschäft ist, ist, dass wir in Verbindung kommen mit unserem Umfeld, also mit uns selber sowieso auch, aber auch mit den Menschen um uns rum, statt nur zu funktionieren.
Diese Betäubung, dieses Raus aus unguten Situationen, ist immer der easy way out. Das ist die vermeintliche Abkürzung. Das ist das, was halt schnell geht.
Es macht dich aber ungreifbar. Du bist in solchen Momenten dann nicht wirklich da. Du bist nicht präsent, du bist nicht in Verbindung. Weder mit dir selbst und natürlich auch nicht mit allen anderen in deinem Leben.
Nicht mit den Kindern, nicht mit den Kollegen, nicht mit den Freunden, nicht mit der Familie.
Unbetäubt sein, greifbar zu sein, ist das Gleiche. Also unbetäubt zu sein, heißt, dass wir greifbar sind und werden, dass wir echt sind, dass wir uns zugestehen, uns erlauben, authentisch zu sein mit allen Gefühlen.
Und das ist für viele wirklich eine richtige Herausforderung, weil wir eben nicht gelernt haben, dass es okay ist, sich so zu zeigen, so zu zeigen mit allen Gefühlen, die da sind.
Wir kommen dann nämlich ganz schnell in diesen Bereich von, das fühlt sich komisch an, ich mag mich so nicht zeigen, ich schäme mich, das ist irgendwie nicht das, wie ich sein möchte, das ist nicht so, wie ich gesehen werden möchte.
Aber wenn es uns gelingt, in diesen Momenten, uns in dieser tiefen Verletzlichkeit wirklich zu zeigen, dann entsteht eine echte Beziehungstiefe zu den Menschen in deinem Umfeld, denen du das auch erlaubst zu sehen.
Und das ist wirklich etwas echt richtig, richtig Schönes.
Schlafqualität als Spiegel
Punkt 4 habe ich schon angesprochen: ist die Schlafqualität.
Alkohol verkürzt zwar die Zeit, die wir brauchen, um einzuschlafen, zerschießt aber die ganze Nacht.
Wir haben weniger REM-Schlafphasen, wir wachen mehr auf in der Nacht.
Genau das Gleiche beim spätabendlichen Doomscrolling. Das dreht nochmal das Gehirn so richtig ordentlich hoch.
Und auch die abendliche Zuckerinfusion. Es gehört für viele dazu, wie das Amen in der Kirche, wie man so schön sagt, dass man abends auf der Couch sich so ein Knabber-Naschi-Teller zurechtmacht – was für die Schlafqualität sicherlich nicht das ist, was unseren Schlaf besser macht.
Im Gegenteil: Wenn wir so Zuckerspitzen am Abend noch zu uns nehmen, dann schnellt der Blutzucker hoch, Insulin schnellt hoch und das Resultat, das zeigen auch Studien, also die Wechselwirkung zwischen Ernährung, Glucose und der Schlafqualität, dass wir leichteren und weniger erholsamen Schlaf haben, wenn wir kurz vor dem Schlafen gehen, Zucker zu uns nehmen.
Bei Schokolade kommt nochmal was anderes dazu, weil Schokolade auch nochmal stimulierend wirkt. Gerade dunkle Schokolade – da haben wir Theobromin drin und Koffein. Beides kann Wachheit fördern.
Und da kommt es so ein bisschen darauf an, wie empfindsam du bist.
Aber wenn man eine empfindsame Person ist, dann reagiert man schon auf sehr kleine Mengen.
Regeneration – der fünfte messbare Punkt
Und für viele ist es ja so ein Ding, ach nee, ich bin nicht so der Süßtyp, bei mir ist es nicht die Schokolade, ich futter halt die halbe Packung oder ganze Chips. Da haben wir dann das Problem mit dem Salz, das ist eine hohe Natriumzufuhr und das erhöht dann die Chance, dass wir nachts aufwachen, weil wir pipi müssen, mal von den Transfetten in Chips, ganz abgesehen, die halt auch alles andere als gesund sind.
Und was eben passiert, wenn wir unseren Schlaf durch diese äußeren Einflüsse schlechter machen, als er eigentlich sein müsste, ist eben, dass wir ein schwaches Nervenkostüm haben, weil wenn wir chronisch unausgeschlafen sind, dadurch dann wieder eine größere Lust auf die nächste Betäubung, weil wir uns ja schlecht fühlen. Und das ist eben ein messbarer Punkt, wo man sagen kann, durch Sober Living oder zumindest ein Sober Curious Living, also wenn man mal neugierig ist, da mal so was auszuprobieren, dann bringt dir das den gesunden Schlaf zurück und damit einfach eine bessere Gesundheit, eine höhere Lebensqualität.
Und dann haben wir noch den fünften messbaren Punkt, das ist die Regeneration. Ja, also weniger Zigaretten, weniger THC, weniger Zucker, weniger Medien, weniger Alkohol macht, dass wir besser regenerieren. Der Körper kann dann zurückfinden in seine natürlichen Regenerationsmechanismen. Eins davon ist Schlaf. Und wir haben mehr Zeit und Lust dann auch für Bewegung, auch wenn es langsame Bewegung ist.
Wir schaffen es, besser Routinen einzuhalten, wie zum Beispiel morgens Tageslichtlampe oder in die Natur gehen oder nach draußen ins Tageslicht gehen. Wir schaffen es vielleicht, uns echte Pausen routiniert in den Alltag zu legen oder auch echte Gespräche zu führen, nicht nur Smalltalk zu machen, sondern wirklich über uns zu reden, über das, was uns beschäftigt, unsere Gefühle.
Also unser Sich-Zeigen im So-Sein und keine Angst davor zu haben, dass man sich bloßstellt oder dass man sich dafür schämen müsste.
Also Betäubung raus, Aufladung rein sozusagen.
Mikro-Switches für den Alltag
Vielleicht hast du Lust auf so einen kleinen Mikroswitch heute in deinem Tag. Also wenn du was verändern möchtest, gleich heute was verändern möchtest, dann mach doch heute ein einziges Mal am Tag eine echte Pause. Und die dauert nur 90 Sekunden, mehr brauchst du dafür nicht.
Und in diesen 90 Sekunden gehst du einmal für vier tiefe Atemzüge an ein Fenster, machst es auf, ob auf Kipp oder ganz auf, wie du möchtest. Du kannst auch eine Tür aufmachen, stellst dich an die frische Luft sozusagen und atmest viermal bewusst durch die Nase ein und durch den Mund aus.
Und wenn du vier tiefe Atemzüge genommen hast, ist wahrscheinlich eine Minute bummelig schon rum. Und dann stehst du noch 30 Sekunden nach diesen vier Atemzügen am Fenster und schaust, wenn es machbar ist, je nachdem, wo du halt am Fenster stehst, in die Natur. Also, dass du guckst, ob du irgendwas Grünes siehst, irgendwas Natürliches siehst und versuchst es mal ganz bewusst wahrzunehmen und ganz bewusst zu sehen, was du dort siehst.
Wenn du dann noch weitermachen möchtest mit Mikro-Switches in deinem Alltag, dann kannst du mal darauf achten, dass du am Abend eine halbe Stunde, bevor du ins Bett gehst, dein Handy wegpackst, dass du darauf achtest, dass dein Licht nicht mehr zu grell ist in deinem Zuhause, sondern ein bisschen gedimmt.
Vielleicht schaffst du es, ein paar Seiten in einem Buch zu lesen. Das wäre auch eine relativ leicht umsetzbare Veränderung. Wichtig ist da halt, dass du nicht danach dann denkst, okay, und jetzt nochmal kurz scrollen, sondern dass du wirklich mit dem Scrollen vorher schon abschließt, mit dem Handy abschließt, bevor du ganz bewusst 10 Seiten in einem Buch liest oder 5 oder 3, je nachdem.
Und dann kannst du gleich am nächsten Tag, also morgen früh, wenn du aufgestanden bist, einfach 5 Minuten im Tageslicht dich draußen bewegen. Dafür brauchst du keine App, dafür brauchst du überhaupt nichts Besonderes, dafür brauchst du keine besondere Ausstattung. Das kannst du einfach so machen, wie du morgens bist.
5 Minuten gehen im Tageslicht draußen rund ums Haus oder vor dem Haus einmal hoch und runter. je nachdem, wo du wohnst, muss man halt immer so ein bisschen gucken. Kannst es auch bei dir zu Hause machen, im Flur zur Not, wenn du dort Fenster hast, wo du die Rollos hochmachen kannst, musst du einfach mal schauen.
Kannst auch vor dem großen Fenster im Kreis gehen. Versuch einfach fünf Minuten direkt nach dem Aufstehen Tageslicht zu tanken. Geht natürlich auch mit einer Tageslichtlampe, gerade jetzt, wenn die Tage kürzer werden und es schon so spät erst überhaupt hell wird.
Yes, das sind meine Mikro-Tools für dich, die du direkt umsetzen kannst.
Unbetäubt leben – kein Verzicht, sondern eine Haltung
Und vielleicht konnte ich dir so ein Gefühl dafür geben und dich wirklich ein bisschen neugierig machen, dass dieses Sober-Living, dieses nüchtern Leben, dieses unbetäubt Leben keine Absage ans Leben ist, überhaupt nicht.
Es ist eher eine Haltung, eine Entscheidung, das Leben wieder zu fühlen. In echt, wahrhaftig und ganz.
Und es bedeutet ja auch nicht, dass du nie wieder scrollen sollst. Oder dass du nie wieder Zucker essen sollst. Oder dass du nie wieder Alkohol trinken sollst.
Sondern, dass du einfach guckst, in welchen Momenten deines Lebens nutzt du diese dysfunktionalen Angewohnheiten, um etwas nicht zu spüren, was eigentlich gefühlt werden müsste, damit du ein entspanntes Leben in Verbindung mit dir führen kannst.
Wir stecken dadurch einfach, weil wir diese Kontrollmuster entwickelt haben, in so vielen Bereichen, in dieser sogenannten Grauzone, wo dieser Übergang zwischen, was ist unbedenklich, was ist normal, was ist total easy peasy kann man machen und da wird es langsam bedenklich.
Das ist fließend. Und wir können das oft selber, gerade wenn wir da so rein schlittern, so ganz soft, das ist ja so ein Übergang, den man gar nicht richtig wahrnimmt. Wir können es oft dann einfach nicht mehr richtig einschätzen.
Wie grau ist deine Grauzone?
Vielleicht magst du auch wissen, wie grau deine Grauzone ist. Dann lade ich dich ein, dass du total gerne den 2-Minuten-Check mal machen kannst auf
👉 ingawigert.de/konsum-selbsttest
Oder du klickst den Link weiter unten.
Da bekommst du eine ehrliche Wasserstandsmeldung mit konkreten nächsten Schritten, wenn du magst, wenn du Lust hast, dir diese Sober-Living-Haltung, dieses Sober-Living-Leben ein kleines bisschen konkreter anzuschauen.
Abschluss und Einladung
Genau. In diesem Sinne freue ich mich, dass du dabei warst und freue mich noch mehr, wenn dir die Folge gefallen hat. Wenn du was mitnehmen konntest, teile sie total gerne mit einer anderen Mama, von der du das Gefühl hast, die kann das auch gut mal hören.
Schreib mir einen Kommentar, abonniere meinen Kanal, meinen Podcast. Das hilft mir, dieses Thema weiter zu verbreiten.
Ich glaube, das darf sein. Wir dürfen da den Charme verlieren, darüber zu reden, wie es mit unserem Konsumverhalten aussieht.
Outro
Speaker 2
Und wenn du mich dabei unterstützen magst, würde ich mich total freuen. Also, vielen Dank. Bis zum nächsten Mal. Alles Liebe.
Deine Inga.
- Selbsttest Alkohol/Cannabis (2-Minuten-Check):
https://www.ingawiegert.de/konsum-selbsttest/
Wer schreibt hier?
Hi, ich bin Inga.
Ich begleite Mütter, die immer alles wuppen, aber sich selbst dabei verlieren – ihre unbewussten Stress- und Konsummuster zu verstehen und nachhaltig zu verändern. Als Frau, die selbst durch die Konsum-Grauzone gegangen ist, weiß ich: Nüchternheit und bewusstes Leben sind keine Einschränkung, sondern der Anfang echter Freiheit.
sober lifestyle & sober parenting
Emotions- und traumasensibles Coaching
Schlafcoaching
Dozentin SleepMaster Academy
